Der erste Schreib-Teil meiner Diss war ein langes Leiden : Den ersten Satz habe ich immer wieder neu geschrieben. Ich wusste nicht, was ich sagen wollte. Besser gesagt: Ich wollte alles sagen. Viel zu viel.
Denn mein Thema liebte ich leidenschaftlich. Ich konnte stundenlang darüber sprechen. Aber beim Schreiben war ich blockiert.
Meine Rettung war eine Schreibwerkstatt an der Sprachbörse der TU Berlin. Dort habe ich wertvolle Tipps für Schreibende entdeckt :
- Schreibblockaden sind normal : Sie gehören zum Schreibprozess.
- Schreibblockaden sind an der Uni tabu: Dort verhält man sich, als wäre das Schreiben das Einfachste auf der Welt – dabei leiden selbst die erfahrensten Autoren an der sogenannten Angst vor dem weissen Blatt – oder dem leeren Bildschirm.
- Es gibt Schreibtechniken, um Schreibblockaden zu überwinden.
- Je besser man sich im Vorfeld organisiert, umso weniger Blockaden wird man haben.
- Ein guter Text ergibt sich aus verschiedenen Phasen. Er entsteht nicht gleich perfekt.
Beim Besuch dieser Schreibwerkstatt an der TU Berlin habe ich eine effiziente Strategie erlernt, dank der ich meine Dissertation binnen 3 Monaten habe schreiben können – und zwar auf einer Euphorie-Welle.
Welch eine Überraschung war es, zu entdecken, dass es für das Schreiben zahlreiche Techniken, Strategien gibt… und dass sie weder in der Schule noch an der Uni vermittelt werden !
Als meine Diss beendet wurde und ich mein Doktortitel erhielt, merkte ich, dass viele Promovierende depressiv sind. Manche fangen Psychotherapien an, wenn sie nicht sogar Psychopharmaka einnehmen. Oft weil sie unter Schreibblockaden leiden.
Manche geben ihre Diss kurz vorm Schreiben auf, obwohl ihre Forschungsarbeit hohe Qualität hat. Wie kann man eine solche Verschwendung dulden?
Anfangs bot ich Schreibwerkstätten in meiner Berliner Wohnung an. Bald fingen an manche Teilnehmerinnen mich von ihren Fakultäten einladen zu lassen. Dabei wurde mir bewusst, dass der Bedarf nach praktischen Schreibkursen an der Uni, insbesondere für die Promovierende, enorm ist.
So gründete ich 2002 die Schreibwerkstatt für Promovierende Scriptoria. Denn mein Motto lautet : Eine Dissertation zu schreiben verlangt eine effektive Selbstorganisation und das Kennen zielgerichteter Arbeitsmethoden. Meine Erfahrung zeigt, dass das Gros der Probleme beim Schreiben technischer Art ist.
Meine Schreibkurse haben zum Ziel, jedem das Leiden zu ersparen, wodurch ich durchgegangen bin, als ich meine Dissertation schreiben wollte. Es geht auch anders!
Ja, man kann Freude beim Schreiben einer Dissertation empfinden.
Und, wissen Sie was? Mit Freude schreibt es sich leichter - und besser!
Mehr zu mir:
Ich bin Französin, wobei mein Vater Franzose ist, und meine Mutter Serbin.
Ich wohne in Deutschland seit 1989 - früher in Berlin, seit einigen Jahren in Alpirsbach (im Schwarzwald).
Aufgewachsen bin ich in Südamerika (Kuba, Peru und Paraguay). Mit 17 habe ich Europa entdeckt - und die Universität.
Nach einem Philosophie-Studium in Strassburg und Berlin habe ich meine Dissertation 1998 in Strassburg eingereicht. Das Thema : La violence de l’art moderne ou : Adorno, une esthétique de la non-violence (Die Gewalt der modernen Kunst oder Adorno: eine Ästhetik der Gewaltlosigkeit. Deren Geschichte haben Sie bereits erfahren.